Montag, 17. Oktober 2011

Wirst Du da sein?

Genauso hatte ich es mir gedacht, während ich das, zugegeben, teilweise interessant und spannend geschriebene Buch über eine Zeitreise las: Ein sogenannter Bestseller, schnell zu lesen und für ein Massenpublikum gedacht. Das war mir so gar nicht klar gewesen, als ich das Buch in der Bibliothek einsammelte, ohne dass es auf meiner Empfehlungsliste gestanden hätte. Erst nach Beendigung der Lektüre las ich, dass dieser Roman wochenlang auf der französischen Bestseller-Liste gestanden hatte.

Ist die Liebe stärker als der Tod? prangt in dicken Lettern auf dem Buchrücken, und wer die 300 Seiten gelesen hat, kann nun seufzend wünschen, auch er oder sie könnte nicht nur Reisen in die Vergangenheit unternehmen sondern dort auch Schicksal spielen.

Und da kommen wir eigentlich auch schon zum Kern meiner Kritik (die in diesem Fall tatsächlich den touch von etwas Negativem hat): Wirst Du da sein hat leider nicht diese subtile, feinfühlige und hintergründige Art, die mir an der Frau des Zeitreisenden so gut gefallen hat, durch die man immer wieder zum Nachdenken und Zurückblättern angeregt wurde. Nein, auch wenn es der Autor vortäuscht, er hat sich nicht wirklich mit den Finessen und Widersprüchen, die eine Zeitreise mit sich bringt, beschäftigt. Stattdessen versucht er, dem Leser mit ein paar Sätzen aus Wikipedia zum Thema Schlaf und Traum kurz zu erklären, wie es gelingen kann, durch Schlucken einer kleinen Pille für kurze Zeit 30 Jahre zurückzureisen.

So nämlich macht es der krebskranke Arzt Elliot, der sich seit dem Tod seiner großen Liebe Ilena große Vorwürfe macht und nicht so recht glücklich werden will, obwohl er doch alles hat, was er zum Glücklichsein braucht (Haus, Auto, Weingut, Tochter, Erfolg im Beruf… - also nur wenig mehr, als das, was auch uns nicht zum Glücklichsein reichen will). Er nimmt die kleine Tablette und begegnet kurz darauf seinem um 30 Jahre jüngeren ICH, wobei es dabei fast zu einer Schlägerei kommt, weil man sich nicht kennt und auch nicht über den Weg traut. Durch Nasenbluten kündigt sich nach 20 Minuten das Ende dieser Reise an (wie originell!) aber zum Glück gibt es ja insgesamt 10 von diesen Wunderpillen. Aber nur 9 Zeitreisen, die Elliot unternehmen muss, um dem jungen Arzt zu helfen, Ilena vor einem grausamen Tod im Orca-Schwimmbecken zu bewahren. Dumm nur, dass diese beschließt, sich stattdessen von der Golden Gate Bridge zu stürzen, nachdem Elliot Ihr auf Geheiß des Älteren den Laufpaß gibt. Denn der alte Elliot will keinesfalls auf Entstehung und Geburt seiner wunderbaren Tochter Angie verzichten, die ja nun mal ohne Zutun von Ilena entstanden war. Aber wie es der Zufall so will (bzw. der geniale Autor) trifft man sich im OP-Saal wieder und flickt die Schwerverletzte, die bereits zum zweiten Mal gestorben war, quasi rückwirkend zusammen und ermöglicht ihr nun endgültig das Überleben. Hätte man es damit nicht genug sein lassen können? Nein, das reicht noch nicht. Das Buch sollte ja auch ein Bestseller werden, wozu ja wohl ein ordentliches Happy End gehört!

Aber trotz aller Kritik, nach einem anstrengenden Tag kann man sich schon gut in diese Geschichte vertiefen, auch liest sie sich ganz gut, wenn im Hintergrund ein Fernseher Unruhe verbreitet oder lärmende Kinder im Schwimmbad herumtoben. Und es entspricht ja auch irgendwo unser aller Wunsch, eine einmal gemacht Entscheidung oder einen Fehler zu revidieren und Gott zu spielen. Da kann man dann auch einmal darüber hinweg sehen, dass die Geschichte ein wenig platt wurde, als auf einer Seite der gleiche „Gag“ zweimal gemacht wurde, in dem im Jahr 1976 sowohl der Apple-Computer als auch der damals noch unbekannte Stephen King auftauchen, begleitet von den Zweifeln des jungen Elliot, ob wohl einer von beiden auch in der Zukunft noch bekannt sein würden. Dass dann im gleichen Jahr das Handy des aus dem Jahr 2006 angereisten Alten klingelt und die Mailbox eine Nachricht aus der Zukunft überbringt, ist dann schon wirklicher Dummfang, wissen doch nicht nur die Nachrichtentechniker unter uns, dass es dazu eines realen Funknetzes bedarf.

Gut, wollen wir zum Schluss noch ein paar versöhnliche Töne anschlagen: Jedes Kapitel ist mit einem Zitat einer mehr oder weniger bekannten Persönlichkeit überschrieben, wovon das eine oder andere schon zum Nachdenken anregt bzw. eine Wahrheit mit gut gewählten Worten ausdrückt. Aber keines dieser Zitate entsprang ja auch der Feder des Romanautors. Beispiele gefällig?

Bewahre Dir Deine Träume, Du kannst nie wissen, wann Du sie nach einmal brauchst.

Ich dränge den Tod zurück, indem ich lebe, leide, mich betrüge, riskiere, gebe und verliere.

Man braucht nur wenige Freunde und Bücher, doch die müssen gut sein.

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