Pyromanie und
strauchelnde Außenseiter haben es Jürg
Beeler angetan. Auch in seinem mittlerweile sechsten Roman baut der Schweizer
Autor aus diesen beiden Grundstoffen eine subtile Geschichte, die vom
Handlungsverlauf her eigentlich kaum der Rede wert ist.
Dagegen ist auch
überhaupt nichts einzuwenden, doch mag es für manchen Nichtraucher, der sich
die verqualmten Kneipen nie und nimmer zurück wünscht, ein wenig befremdlich
wirken, dass für den Protagonisten mit dem „Nikotinedikt“ eine Welt zusammen
bricht. Zum dritten Mal übrigens, denn dies geschah bereits, als sein
Zwillingsbruder David ihm vor einigen Jahrzehnten die Frau ausgesponnen hatte
und dann erneut, als die Bibliothek, in der Jan Panowski mitten in der Nacht ganz
allein arbeitete, abbrannte. Der seit diesem Vorfall zurückgezogen lebende
Ich-Erzähler hat es also wirklich nicht leicht im Leben, doch wirkt er auf den
Leser längst nicht so sympathisch wie beispielsweise der Exstudent Niko in dem
wunderbaren Film „Oh Boy“. Doch zurück zu Jan und seinen Problemen, schließlich
ist dies hier keine Filmkritik sondern eine Buchrezension. Obwohl dem Autor
immer wieder hübsche Formulierungen gelangen ( „… ich hatte vor der moralischen Instanz einer dreisten Kellnerin
kapituliert.“) und er von einigen wirklich netten Ideen beflügelt wurde,
fehlt es dem Roman sowohl an Handlung als Tiefgang. Wenn der alte Balzac dem
alternden Bibliothekar Lebensweisheiten wie diese souffliert: „Doch Geld ausgeben, das man nicht hat,
ist eine Kunst, die nur ein sublimer Geist beherrscht….“ könnte man in
Verzückung zustimmend nicken. Oder man könnte sich all der Prolls entsinnen,
die ihre Schrankwand auf Pump finanzieren und dann die Banken und Möbelhäuser
dafür verantwortlich machen, dass sie nun kein Geld für Schnaps mehr haben.
Die eigentliche
Handlung – Jan erfährt vom Tod des als Schriftsteller berühmt gewordenen und
von ihm gehassten Zwillingsbruders und reist nach Paris, um nicht an dessen
Beerdigung teilzunehmen - ist nur Mittel zum Zweck. Nämlich um dem Leser
aufzuzeigen, wie heimisch sich Jürg Beeler in den Cafés und Museen von Paris
fühlt und wie gut er mit dem Werk des Honore dé Balzac vertraut ist.
Doch vielleicht
irrt der Rezensent ja auch in seiner Einschätzung des hier besprochenen Werkes
und verkennt dessen Genialität. Möglicherweise sind ja andere Leser von Balzacs
„Inspirationsmesser“ begeistert: Der berühmte Schriftsteller, so will es die
vorliegende Geschichte, konnte am Verhältnis zwischen nächtlich getrunkenem
Kaffee und ausgeschiedenem Urin überprüfen, wie viele Seiten er in der Nacht
geschafft hatte. Durch einfaches Nachzählen wäre ihm dies sicherlich auch
möglich gewesen, doch wäre diese Anekdote dann ebenso ungeboren geblieben wie
die, welche Victor Hugo mittels des bereits erwähnten Pißkrugs zum Trottel
macht. Wen diese interessiert der kaufe sich das Buch!
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